Leonard Bernsteins „Mass“ füllte den Großen Saal des Musikvereins und unsere Herzen mit Zauber. Hier haben Anna Hengstberger und Victoria Grinzinger für uns Eindrücke eines zauberhaften Abends gesammelt.

Über hundert Sänger*innen singen ein letztes ruhiges Amen. Alle setzen ab, auch das Orchester ist verklungen. Was folgt, ist ein unglaublicher Zauber, denn das Konzert ist mit der letzten Note nicht vorbei – eine sich dehnende Stille beginnt, die aber alles andere als unangenehm ist. Alle Gefühle des vergangenen Abends treffen sich noch einmal in diesem Augenblick, in dem fast 2.000 Zuseher*innen und mehr als 200 Musiker*innen in vollkommener Stille verharren. Vielleicht stellten sich in diesem Moment einige davon selbst die Frage, auf die Bernstein mit seiner „Mass“ abzielt:

„Gibt es da oben jemanden, der uns zuhört?“

Erst dann setzt zögernder Applaus ein, der langsam durch weitere Hände bekräftigt wird und sich schlussendlich unaufhaltbar in die Höhe schwingt. Ebenfalls in die Höhe zog es die Zuschauer – es folgten mehrere Minuten Standing Ovations.

(c) Jeunesse – musik.erleben

Da kann man sich annähernd vorstellen, wie sich die Stimmung nach der Uraufführung 1971 im John F. Kennedy Center for the Performing Arts angefühlt haben muss, als der Moment zwischen dem Verklingen des letzten Tons und dem ersten aufkommenden Klatschen rund zehn Minuten gedauert haben soll. „Mass“ wurde von Bernstein für John F. Kennedy komponiert – am Tag unseres Konzerts, dem 22. November 2018, jährte sich Kennedys Tod auf den Tag genau zum 55. Mal.

Nach der Premiere von Bernsteins MASS 1971 (c) Associated Press

Das fulminante Highlight des Bernstein-Jahres der Jeunesse durften wir gemeinsam mit dem Coro siamo, dem Symphonieorchester und Gesangsstudierenden der MUK – Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien, dem Kinderchor der Wiener Staatsoper sowie Adrian Eröd (Bariton) unter der Leitung von Andreas Stoehr genießen.

„Lennie would have loved it“

…waren die Worte von Bernsteins Töchtern Jamie und Nina, die unserem Konzert außerdem beiwohnten und sich, so erzählt Dirigent Andreas Stoehr, nach dem Konzert „mit glücklichen Gesichtern“ im Künstlerzimmer für die Aufführung bedankt hätten. Die besondere Ehre, die durch deren Anwesenheit die emotionale Geladenheit für alle Beteiligten weiter steigerte, setzt dem Ganzen noch eine Krone auf.

All die Emotionen dieses unglaublichen Abends eins zu eins in Worte zu fassen schafft wohl niemand der 200 Musiker*innen. Man muss sich eingestehen, dass man das Gefühl, das hunderte von fremden Menschen innerhalb eines Konzertsaales gemeinschaftlich erfasst hat, als solches nicht nacherzählen kann. Dieser Beitrag soll lediglich eine Annäherung sein und ein Versuch, diesen einzigartigen Augenblick zu konservieren.

Es war uns eine Ehre!

1 thought on “„Mass“ verzauberte im Goldenen Saal

  1. Liebe SängerInnen !
    Auch ich war bei dieser wunderbaren, außerordentlichen Aufführung dabei, und sie könnte nicht besser beschrieben werden, wie in diesem Beitrag !
    Ich habe bisher alle Konzerte der Neuen Wiener Stimmen sehr genossen.
    Danke herzlich und weiter viel Freude beim Musizieren !
    Liebe Grüße Maria Neuwirth-Appel

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